Wenn der Roboter im Automobilbau zum Kollegen wird

Anteil an der konsequenten Automatisierung der Fertigung in Zwickau haben zahlreiche sächsische Unternehmen, die sich auf die Planung und Integration von Robotik in komplexe Produktionssysteme verstehen.

Volkswagen Sachsen, Türeneinbau per Roboter (Quelle: Volkswagen)

Roboter unterstützen seit vielen Jahren die Automobilproduktion im Werk Zwickau von Volkswagen Sachsen. Vor allem im Karosseriebau und in der Lackiererei sind sie im Einsatz. Mit dem Umbau des Standorts zur ersten reinen Elektromobilitäts-Fabrik im Volkswagen-Konzern haben roboterbasierte Fertigungstechnologien nochmals einen deutlichen Schub erhalten – quantitativ und qualitativ. Die Zahl der Roboter stieg etwa im Karosseriebau von rund 1.300 auf aktuell 1.800. Ebenso bestimmen automatisierte High-Tech-Lösungen zunehmend im Presswerk, in Montage und Logistik das Bild. Anteil an der konsequenten Automatisierung der Fertigung in Zwickau haben zahlreiche sächsische Unternehmen, die sich auf die Planung und Integration von Robotik in komplexe Produktionssysteme verstehen. 

Das Befestigen der Unterbodenverkleidung war bisher eine körperlich anstrengende Tätigkeit. In Überkopf-Arbeit mussten die Werker die Abdeckung am Fahrzeug verschrauben. Jetzt sorgt ein Montagewagen für deutliche Erleichterung. Die Mitarbeiter legen die Verkleidung auf den Wagen und koppeln ihn bei laufender Montagelinie an das Gehänge mit dem Fahrzeug an. Das Bauteil wird hochgefahren, mehrere Roboterarme folgen und drehen die Schrauben an den vorgesehenen Punkten ein. Danach entkoppelt sich der Wagen automatisch und der Mitarbeiter fährt ihn per Knopfdruck zum Ausgangspunkt zurück. „Wir haben diese schutzzaunlose Montage mit Leichtbaurobotern gemeinsam mit dem Dresdner Start-up Wandelbots und dem Volkswagen Bildungsinstitut Zwickau realisiert“, verweist Lars Thielemann, Planungsleiter im VW-Werk Zwickau, auf die sächsische Expertise in diesem Pilotprojekt. 

Lars Thielemann betont die neue Qualität der Robotik, die sich in flexibleren und platzsparenden Anwendungen äußert und zunehmend die direkte Zusammenarbeit zwischen Mensch und Technik ermöglicht, ohne trennende Elemente. Das zeigt sich auch beim Einstellen und Positionieren der Scheinwerfer während der Fahrzeugmontage. Dafür haben die Chemnitzer Prozess-Automatisierer der Müller & Pfeiffer GmbH eine MRK-Anwendung integriert. Sächsische Kompetenzen sind bereits in die Planung der Fertigungsprozesse eingeflossen. So hat der Ingenieurdienstleister imk automotive GmbH aus Chemnitz seine Expertise für die ergonomische Gestaltung moderner Produktionsbereiche eingebracht und unter diesem Aspekt auch den Einsatz von Robotern mit geplant.

Sächsische Robotik-Integrationen sind ebenso in der Lackiererei und im Karosseriebau zu finden. Der ohnehin hohe Automatisierungsgrad in diesem Bereich von 85 Prozent wurde durch den Werksumbau auf 90 Prozent gesteigert. Dazu beigetragen haben Unternehmen wie die IDH Automation und Fertigung GmbH Glauchau, die SMA Sächsische Maschinen- und Anlagenbau GmbH Zwickau oder die EST Automatisierungstechnik GmbH Burkhardtsdorf. „Unternehmen, mit denen wir bereits seit vielen Jahren gut zusammenarbeiten“, betont Lars Thielemann. Eine echte sächsische Innovation kommt in der Prüfstation am Ende der Ausschweißlinie zum Einsatz. Dort steuern Mitarbeiter berührungslos schwere Industrieroboter und kontrollieren damit die Qualität der Schweißpunkte. Die Gestensteuerung ist eine Entwicklung des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU Chemnitz.

Als eine wesentliche sächsische Stärke im Bereich Automation und Robotik benennt Lars Thielemann die aus der Nähe zur Automobilindustrie gewachsenen Kompetenzen: „Die Unternehmen und Forschungseinrichtungen kennen die Anforderungen der Branche sehr gut und haben über die Jahre viel Know-how aufgebaut. Sie wissen, dass es darauf ankommt, aus cleveren Ideen großserientaugliche Lösungen zu entwickeln. Dafür sind wir weiterhin offen und an partnerschaftlichen Kooperationen sehr interessiert.“