Maßgeschneiderte Automatisierungslösungen für den Mittelstand

Das Schulungs- und Anwendungszentrum des ICM - Institut Chemnitzer Maschinen- und Anlagenbau untersucht und entwickelt neue Konzepte zur Umsetzung kollaborativer Montagesysteme. Von den positiven Effekten konnten sich bereits einige Mittelständler überzeugen.

Automationslösung von ICM bei Bahner Schäfer in Oelsnitz/Erz. (Quelle: Marcel Ott / ICM)

Wenn Marcel Ott zu Kunden kommt, dann sind nicht nur die Chefs auf seine Lösungsvorschläge gespannt. Auch die Mitarbeiter freuen sich darauf – obwohl er ihnen meistens den angestammten Arbeitsplatz umgestaltet. Der Softwareentwickler arbeitet im Bereich Automation / Robotik am ICM - Institut Chemnitzer Maschinen- und Anlagenbau e. V. Dazu gehört ein seit November 2019 eröffnetes Schulungs- und Anwendungszentrum mit der Kurzbezeichnung SchAz. Entstanden ist das Zentrum aus einem vom Bund geförderten Projekt, in dem neue Konzepte zur Umsetzung kollaborativer Montagesysteme untersucht wurden. 

Von den positiven Effekten konnten sich bereits einige Mittelständler überzeugen. Deren Problemstellungen ähneln sich – unabhängig von Branchen und Produkten. „Die Unternehmen haben einen hohen Flexibilisierungs- und Kostendruck. Mit konventionellen Arbeitsweisen kommen sie oft an Grenzen. Zunehmend spielt es eine Rolle , dass auch die benötigten Arbeitskräfte nicht verfügbar sind“, erläutert Marcel Ott.

Beispiel Bader Glastechnologie GmbH Klipphausen: Das Unternehmen montiert Glasscheiben verschiedener Größen zu Modulen für die unterschiedlichsten Bedarfe. Für das Einpassen und Verkleben in Blechprofilen war bisher körperlich anstrengende Handarbeit notwendig. Die ICM-Automatisierungsexperten haben eine flexibel einsetzbare Fertigungszelle realisiert, bei welcher der Bediener noch die Blechschablone auflegt und alle weiteren Arbeitsgänge wie die Entnahme der richtigen Scheibengröße, das Aufbringen der Kleberaupe, das Verkleben von Glas und Metall und schließlich das Ausschleusen des fertigen Produktes aus der Zelle mittels Automation erfolgen. Der Anlagenbediener wählt über ein Panel den jeweils geforderten Scheibentyp aus und positioniert die Kleberaupen. Neue Produkte können so ohne großen Aufwand integriert werden. Der Nutzen überzeugt: „Mit der Lösung werden stabile Prozesse und eine maßgenaue einheitliche Produktqualität erreicht. Ebenso erhöht sich die Ausbringung“, benennt Marcel Ott einige Effekte. Und nicht zu vergessen: „Die Mitarbeiter freuen sich, von belastenden, monotonen Tätigkeiten befreit zu sein und sich anderen, anspruchsvolleren Arbeiten widmen zu können. Der Roboter hat seinen Ruf als Jobkiller verloren.“

Das wird auch im nächsten Beispiel deutlich. Die Bahner Schäfer GmbH aus dem erzgebirgischen Oelsnitz stellt technische Federn her. Das Handling und die Bearbeitung der Endbereiche von Drahtbiegeteilen erfolgte bisher händisch, d. h. die Teile fielen einseitig entgratet in eine Kiste, mussten „ausgefitzt“ und an der anderen Seite noch bearbeitet werden. Das ICM-Team hat hier ein Konzept umgesetzt, bei dem ein Roboter mit verschiedenen Greifwerkzeugen die unterschiedlichen Teile entnimmt und definiert für die Weiterverarbeitung ablegt bzw. abhängt. Auch das bisher manuelle Entgraten wurde automatisiert. „Eine Herausforderung war, dass die Lösung in die Halle integriert werden musste, ohne bestehende Transportwege zu verbauen und dennoch ein flexibles Arbeiten mit der Anlage möglich ist. Dies wurde über ein Roboterportal an der Decke und einen faltbaren Zaun erreicht“, erklärt Marcel Ott. Er verweist darauf, dass gerade Automatisierungslösungen zur Integration in bestehenden Hallen sowie für die besonderen Bedarfe kleinerer Unternehmen nicht aus der Schublade gezogen werden können. „Wir schauen uns immer den gesamten Prozess inklusive vor- und nachgelagerter Arbeiten an und entwickeln dann mit dem Kunden die für ihn passende Lösung. Der Roboter allein reicht nicht. Das ganzheitliche Vorgehen ist entscheidend, damit eine Integration auch die gewünschten Effekte bringt. Technologisch sauber und wirtschaftlich tragbar, das sind bei jedem Vorhaben die entscheidenden Kriterien“, verdeutlicht der Automationsexperte.